In den allgemeinen Bedingungen von Unfallversicherungen findet sich regelmäßig der sogenannte Alkoholausschluss.
Ist der/die Versicherte zu stark alkoholisiert, muss der Versicherer keine Leistung erbringen. Doch wie viel ist zu viel bzw. wann verliert man seinen Versicherungsschutz wegen Alkoholisierung? Genau dieser Frage hat der OGH beantwortet (7Ob 93/18d):
Ein mittelstark alkoholisierter Mann (1,88-1,92‰) war gegen 5 Uhr morgens aus seinem Hotelzimmer, das sich im ersten Stock befand, zum Urinieren und Rauchen auf ein schmales Flachdach gestiegen. Dabei stürzte er vom Dach und verletzte sich schwer. Die Versicherung berief sich auf ihre Bedingungen, die einen Ausschluss für Unfälle, die der Versicherte infolge einer Bewusstseinsstörung, oder infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung durch Alkohol, Suchtgift oder Medikamente erleidet, vorsahen.
Nach Ansicht des OGH sei der Grenzwert der Alkoholisierung, der den Tatbestand des Ausschlusses erfülle, im Einzelfall zu beurteilen. Es komme darauf an, ob die vom alkoholisierten Versicherten ausgeübte Tätigkeit besondere Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit stelle. Dementsprechend seien für Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger jeweils andere Grenzwerte maßgeblich. Wenn der Blutalkoholgehalt allein für die Annahme des Ausschlussgrundes noch nicht ausreiche, sei der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit danach zu messen, ob der Versicherte noch in der Lage sei, mit der jeweiligen Situation, in der er sich zur Zeit des Unfalls befindet, einigermaßen zurechtzukommen. Aufgrund dieser Erwägungen bestätigte der OGH die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der konkrete Sachverhalt den Ausschlussgrund wesentliche Beeinträchtigung durch Alkohol verwirkliche, weshalb er die Revision zurückwies.
Warum gibt es keine fixen Promillegrenzen in den Bedingungen?
Dafür würde eindeutig das Argument der Rechtssicherheit sprechen. Der/Die Versicherte könnte sich auf seinen/ihren Versicherungsschutz bis zu dieser Grenze verlassen und die Anzahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen würde vermutlich sinken. Bei niedriger Promillegrenze wäre es wahrscheinlich, dass der Risikoausschluss entweder auf Grund gröblicher Benachteiligung (§879 Abs. 3 ABGB) oder Unvorhersehbarkeit einer solchen Klausel für den/die Versicherte (§864 a ABGB) ungültig wäre.
Abzustellen ist daher auf den Einzelfall. Bei nachstehenden ungefähren Werten (und darüber) ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung durch Alkohol auszugehen:
Autofahrer: 1,1-1,3‰
Radfahrer: ca. 1,7‰
Fußgänger: ca. 2,0‰