Die Versicherungsnehmerin versperrte ihre Wohnung in einem Mehrparteienhaus,
um das Gebäude zu verlassen. Auf dem Weg zum Müllraum gelang es dem Täter, der Versicherungsnehmerin den Wohnungsschlüssel aus der Manteltasche zu ziehen. Da die Versicherungsnehmerin den Verlust des Wohnungsschlüssels nicht bemerkte, verließ sie das Gebäude. Der Täter öffnete anschließend die Wohnungstür der Versicherungsnehmerin mit dem Originalschlüssel und stahl aus der Wohnung Bargeld, Schmuck und Münzen.
Die Versicherungsnehmerin forderte von ihrer Haushaltsversicherung Ersatz des Schadens und behauptete, dass ein versicherter Einbruchsdiebstahl vorliege. Der Täter habe sich den Schlüssel durch Raub angeeignet. Auch sei die Vorgangsweise des Täters als Einschleichdiebstahl zu qualifizieren.
Der Oberste Gerichtshof hat die Abweisung der Klage der Versicherungsnehmerin aus folgenden Gründen bestätigt:
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind gemäß den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§ 914 f ABGB) auszulegen, wobei sich die Auslegung am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers orientiere. Daher könne ein solcher Trickdiebstahl außerhalb der Wohnung nicht so verstanden werden, dass der Täter mit richtigen Schlüsseln eingedrungen sei, die er sich durch Raub angeeignet habe. Rechtsbegriffe, wie zB Raub, haben in der Rechtssprache eine bestimmte Bedeutung und sind daher in diesem Sinne auszulegen. Da der Täter den Schlüssel ohne Gewaltanwendung aus der Manteltasche der Klägerin gezogen habe, könne hier von Raub keine Rede sein. Diese Tatbegehungsweise könne aber auch nicht als Einschleichdiebstahl verstanden werden, dass der Täter heimlich in die Wohnung eingeschlichen sei und aus den abgeschlossenen Räumlichkeiten Sachen entwendet habe. Das „heimliche Einschleichen“ in die Wohnung erfordere nicht bloß unbemerkten Zutritt, sondern ein aktives Verhalten, das darauf abziele, den Eintritt gegenüber am versicherten Ort anwesenden Personen verborgen zu halten. Daher verwirkliche das Eindringen mit dem richtigen Schlüssel nicht die Voraussetzung eines Einschleichdiebstahls (7 Ob 177/18g).