Rechtsanwalt Dr. Herbert Laimböck

Sowohl „wrongful birth“ als auch „wrongful conception“ sind in der Rechtsprechung wie auch in der Gesellschaft sehr umstrittene Themen.

Besondere Bedeutung haben diese Themen in Bezug auf die Ansprüche der Eltern infolge der nicht gewünschten Geburt eines Kindes; dies unabhängig davon, ob das Kind gesund oder behindert auf die Welt kommt. Während die Rechtsprechung Ansprüche aus „wrongful birth“ bejaht, werden solche bei „wrongful conception“ abgelehnt.

Unterlässt es der Arzt pflichtwidrig, eine schwangere Patientin über die Behinderung ihres ungeborenen Kindes aufzuklären und wird dieses Kind zur Welt gebracht, spricht man von „wrongful birth“. Die Eltern eines solchen mit Behinderung geborenen Kindes können vom Arzt den gesamten Kindesunterhalt fordern. Die Mutter muss nur glaubhaft machen, dass sie bei Kenntnis der Behinderung des Embryos von ihrer Möglichkeit zur Abtreibung Gebrauch gemacht hätte. Wird dieser Umstand von der Mutter erfolgreich nachgewiesen, muss der Arzt den gesamten Kindesunterhalt ersetzen.

Führt hingegen das rechtswidrige Verhalten eines Arztes zu einer ungewollten Schwangerschaft, so spricht man von „wrongful conception“. Diese Konstellation liegt bei fehlerhaft durchgeführter Sterilisation vor, weil die Zeugung des Kindes bei lege artis durchgeführter Sterilisation verhindert hätte werden können. Nach ständiger Rechtsprechung haben die Eltern keinen Anspruch auf Ersatz des Unterhalts, weil die Geburt eines gesunden Kindes keinen Schaden darstellt (OGH 9 Ob 37/14b).

Obwohl beide Konstellationen nur aufgrund des sorgfaltswidrigen Verhaltens des Arztes zum Entstehen einer Unterhaltspflicht führen, differenziert die Rechtsprechung bei den Haftungsfolgen für den Arzt. Für den Obersten Gerichtshof bewirkt die Differenzierung zwischen „wrongful birth“ und „wrongful conception“ keine Diskriminierung von Behinderten, weil diese Unterscheidung ausschließlich der Versuch sei, den geldwerten Ausgleich für einen besonderen Unterhaltsbedarf zu schaffen. Diese Argumentation ist wenig stichhaltig, weil bei „wrongful birth“-Fällen nicht nur der besondere Unterhaltsbedarf wegen der Behinderung des Kindes zugesprochen wird, sondern der gesamte Kindesunterhalt (OGH 5 Ob 165/05h).

In einer Entscheidung zu „wrongful birth“ hat der OGH erkannt, dass die Unterhaltskosten nicht zu ersetzen sind, weil der Behandlungsfehler nicht kausal für die Schäden war. Die Ärzte hatten es unterlassen, die Klägerin an ein Zentrum für Pränataldiagnostik weiterzuleiten, wo der Herzfehler ihres ungeborenen Kindes hätte festgestellt werden können. Der Herzfehler wurde zwei Monate später diagnostiziert. Die Klägerin entschied sich jedoch gegen eine noch mögliche Spätabtreibung. Das Kind verstarb kurz nach der Geburt. Da die Klägerin die Unterhalts- und Folgekosten für Begräbnis etc. durch die Spätabtreibung  vermeiden hätte können, wurde ihre Klage abgewiesen (8 Ob 5/14w).