Seit 2016 verpflichtet § 32 a ASVG idF des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes 2015 die Sozialversicherungsträger,
Scheinpatienten einzusetzen, um die rechtskonforme sowie die gesamt- und einzelvertretungskonforme Vorgehensweise der Vertragspartner zu überprüfen. Dabei fehlen vergleichbare Beschränkungen, die es verdeckten Ermittlern im Strafrechtsbereich verbieten, Straftaten zu provozieren. Demnach verbietet es § 5 Abs. 3 StPO ua, Personen zur Begehung von strafbaren Handlungen in einer dem Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 EMRK widerstreitenden Weise zu verleiten. Ein (verbotener) Lockspitzel ist somit ein (verdeckter) Ermittler, welcher in unzulässiger Weise zu einer Straftat verführt. Der seit 1.6.2016 geltende § 133 Abs. 5 StPO normiert, dass die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung eines Beschuldigten wegen der strafbaren Handlung, zu deren Begehung er nach § 5 Abs. 3 StPO verleitet wurde, abzusehen hat. Dabei handelt es sich um ein „prozessuales Verfolgungshindernis als Folge einer unzulässigen Tatprovokation“.
Im Sozialversicherungsbereich ist es jedoch erlaubt, bei einem „begründeten Verdacht“ Scheinpatienten mit falscher Legitimation einzusetzen. Zudem ermächtigt § 3 RLVBK auch zum Einsatz von Scheinpatienten nach dem Stichprobenplan im Vertragspartnerbereich, ohne dass dafür ein Verdacht auf Unregelmäßigkeit erforderlich wäre. Daraus folgt, dass im Sozialversicherungsbereich die Kriterien des EGMR hinsichtlich einer unzulässigen Tatprovokation durch den Einsatz von Scheinpatienten keine Gültigkeit haben.
Es ist rechtspolitisch fragwürdig und widerspricht der Fairness, Ärzte zu unzulässigen Taten zu provozieren, um damit allenfalls Abrechnungsbetrug und ungerechtfertigte Krankmeldungen aufzudecken bzw. Qualitätskontrollen durchzuführen.